Die Neuausrichtung der Shedhalle Zürich 1994 wäre ohne die Schule F+F und ihren Einfluss auf die Zürcher Kulturszene wohl nicht denkbar gewesen. Denn die Schule F+F kultivierte in Zürich die Haltung und das Kunstverständnis, jenseits vom Kunstmarkt selbstbestimmt aktiv zu werden und die Kunst mit gesellschaftlichen Fragen zu verknüpfen. Die Repolitisierung der Kunst in der Shedhalle nach 1994 kann als Weiterentwicklung und Aktualisierung dessen gelesen werden, was die Kunstschule F+F 1971 begonnen hat.
Die in Österreich geborene und seit den späten 1980er-Jahren in Zürich ansässige Galeristin Eva Presenhuber zählt heute zu den einflussreichsten Personen im Feld der zeitgenössischen Kunst. Heute hat die Galerie nebst mehreren Standorten in Zürich auch einen in New York. Das Gespräch, geführt im Juli 2020, versucht, nicht nur die Geschichte der Galerie nachzuzeichnen, sondern auch die spezifischen historischen Bedingtheiten ihrer Entstehung genauer auszuleuchten.
Peter Spillmann war in den 1990er Jahren im Vorstand der Shedhalle Zürich. Er hat das neue Betriebskonzept Konzept 94 mitverfasst und die anschliessende Politisierung der kuratorisch-künstlerischen Praxis in der Shedhalle aktiv unterstützt. Wir trafen uns im Restaurant des Hotel Greulich in Zürich. Dort sprachen über die institutionelle Neuausrichtung der Shedhalle 1994, wie die anschliessenden Ausstellungsprojekte von der Zürcher Kunstszene aufgenommen wurden und inwiefern eine solche kritische Praxis heute noch relevant ist.
Die Shedhalle Zürich ist im Moment in einer Übergangsphase. Das interimistische Kuratorium versucht mit partizipativen Anordnungen, Gesprächsrunden und Umordnungen, die Institution neu zu denken und für die Zukunft zu entwerfen. Anfang der 1990er Jahre kam es schon einmal zu einer grundlegenden Neuorientierung. In einem ebenfalls partizipativ angelegten Prozess entwickelte der damalige Shedhalle-Vorstand ein neues Betriebskonzept. Dieses Konzept war der Anfang der dann 1994 einsetzenden, dezidiert gesellschaftspolitischen Ausrichtung.
Spätestens nach dem Umbau 2012 traten im Löwenbräukunst Zürich einige grundlegende Widersprüche offen zu Tage. Die einst vielversprechende Allianz aus Kunsthandel, Grosskapital und öffentlicher Hand wird dem Kunstkonglomerat in jüngster Zeit zunehmend zum Verhängnis. Aber auch die am See, mitten im Kulturzentrum Rote Fabrik, gelegene Shedhalle Zürich steckt seit Längerem in einer Orientierungskrise. Genau diese beiden Kunstorte, das Löwenbräu-Areal und die Shedhalle, bildeten die zwei, markantesten Pole einer sich in den 1990er Jahren internationalisierenden und boomenden Zürcher Kunstszene. Dieser Artikel bildet den Auftakt zu einem Fokus, in dem wir die aktuelle Krisenstimmung im Löwenbräukunst und in der Shedhalle zum Anlass nehmen, auf die 1990er Jahre in Zürich zurückzuschauen und uns gleichzeitig zu fragen, wie sich die Bedingungen heute verändert haben.