… events had been piling up fast think, 2017, so Titel und teilweiser Inhalt einer der Wandtürumrisse aus Vinylbuchstaben, auf die wir in der Ausstellung schauen (insgesamt sind es sieben). Das (innere) Auge ergänzt die der Draufsicht fehlende Durchsicht; denn die umrissene Tür – sei sie denn offen – führt zu: nichts. Beziehungsweise nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dem sprichwörtlichen, hier aber auch wortwörtlichen Weiss des Galerieraums. Anlass genug, das so genannte Superkunstjahr (und Unwort des Jahres) zusammenzufassen: Im Weissen nichts Neues.
Zum Beispiel: Kuratorische Hypergeneralisierungen auf Christine Macels Viva Arte Viva in Venedig, zum Beispiel lose Gruppierungen nach klitzekleinstmöglichem Nenner wie Pavilion of the Earth; gut gekontert von nachdenklichen Einzelwerken wie Sam Lewitts hyperspezifischer Installation Stranded Assets, einer Serie abstrahierter Reproduktionen eines Arbeitshandbuchs aus dem kürzlich geschlossenen, aber inzwischen schon als Biennale-Standort erschlossenen Elektrizitätswerk im Industriegebiet Porto Marghera in Venedig.
Geschlossen wie die Pforten jenes Werks scheint mir schliesslich jedoch auch das Portal in Raum und Zeit, das uns hätte entschlüsselt haben können, welche konkreten Ereignisse tatsächlich zur Deindustrialisierung in Marghera führten. Und auch Pulitzers umrissene Tür beliebt verhältnismässig fest verschlossen, misst man sie am Ausmass von Auskunft, welche betitelten Ereignisse sich hier nun überschlagen … hätten … sollen. Hinweise auf eine Jahresbilanz finden sich aber doch: if this works, it won’t be a miracle, 2017, und do I like drinking more than self-employment?, 2017, und so kommentieren Tür 2 und 3 auf systemkritische und sympathischerweise etwas schuldbewusste Weise eine gnadenlos voranschreitende Neoliberalisierung von Arbeitswelt.
Pulitzers Frage nach dem strukturellen Erfordernis von Rauschhaftigkeit mag man auf der 5. Skulptur Projekte Münster beherzt positiv beantworten. Nicht allein wegen der ansteckenden Lebenslust des Chefkurators schlechthin, Kasper König; nicht allein wegen der geradezu frenetischen Feier verhältnismässig überholter Kunstbegriffe; nicht allein wegen Oscar Tuazons stur-schöner Betonskulptur am Hafengrenzweg, Burn the Formwork, die streunendes Kunst- und anderes Volk zum nächtlichen Zündeln lädt.
Zu Pulitzers Türen gesellt sich Weiteres: Zwanzig grafische Arbeiten bevölkern die weisse Wand; befasst ebenfalls (laut Ausstellungstext) mit «festgehaltenen Präzedenzfällen der Gegenwart», 2017 also (wobei die Ausstellungswerkliste nicht alle Entstehungsjahre der Grafiken preisgibt). Sie ermutigen. Zum Beispiel zu der Rückfrage: Wie sähe sie denn nun aus, die von jenen Präzedenzen geschaffene Zukunft?